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"Extensive Ganzjahresbeweidung mit Heckrindern und Koniks"
Zusammenfassung
Hintergründe
Fragestellung
Untersuchungsfläche
Witterung im Untersuchungszeitraum
Methoden
Ergebnisse
Bestandeswert der Feldschichtvegetation
Zusammenhang zwischen Bestandeswert der Feldschichtvegetation
und Fraßintensität sowie saisonale Unterschiede
Fraß an der Feldschichtvegetation einzelner Biotoptypen
sowie saisonale Unterschiede
Trittsiegelanteil
Aufkommen von jungen Gehölzen
Einfluss der Tiere auf Gehölze und saisonale Unterschiede
Diskussion
Einfluss von Futtermenge, Futterqualität und Bestandesstruktur
auf das Weideverhalten sowie saisonale Aspekte
Nutzung verschiedener Biotoptypen unter besonderer Berücksichtigung
saisonaler Unterschiede sowie naturschutzfachliche Bewertung
Gesamtbewertung aus naturschutzfachlicher Sicht
Literatur
Dieser Text entstand auf der Grundlage einer Diplomarbeit am Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Es handelt sich nicht um den Originaltext der Arbeit, sondern um eine Auswahl von Inhalten in stark überarbeiteter und gekürzter Fassung.
Beckmann, Christian (2007):
Raumnutzung durch Heckrinder und Koniks und Auswirkungen auf die Vegetation bei extensiver
Ganzjahresbeweidung in der Emsaue bei Telgte. Unveröffentlichte Diplomarbeit am Institut für Landschaftsökologie der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Gutachter:
Dr. A. Vogel
Prof. Dr. G. Schulte
Untersucht werden saisonale Unterschiede in der Fraßnutzung von Biotoptypen durch Heckrinder und Koniks unter extensiver Ganzjahresbeweidung in der Emsaue bei Telgte, NRW. Großflächige, extensive Ganzjahresbeweidungssysteme mit robusten Haustierrassen sind ein relativ junges Naturschutzkonzept zur Pflege von Offenlandlebensräumen.
Es konnten deutliche saisonale Unterschiede festgestellt und mit dem Futterwert der Bestände in Verbindung gebracht werden. Hochwertige Bestände werden ganzjährig stark befressen, solche von mittlerem Wert verstärkt und geringwertige fast ausschließlich bei winterlicher Nahrungsknappheit.
Dieses Nutzungsmuster zeigt einige aus naturschutzfachlicher Sicht positiv zu bewertende Effekte, so eine Nutzungsruhe oder sehr extensive Nutzung vieler Biotoptypen geringeren Futterwertes während der Vegetationsperiode, jedoch ein Aufsuchen durch die Tiere im Winter verbunden mit dem Abbau von Streuschichten, dem Zurückdrängen dominanzbildender Arten durch erhöhte Trittbelastung sowie der Schaffung von Offenboden als Keimorte konkurrenzschwacher Arten v. a. auf trockenen Standorten und an Kleingewässerufern. Auch Fraß an Erlenjungwuchs (
Insgesamt überwiegen im Untersuchungsgebiet die positiven Effekte auf die Arten- und Strukturvielfalt der Vegetation deutlich und es ist eine Entwicklung zu einer strukturreichen, halboffenen Weidelandschaft zu erwarten.
Extensive Ganzjahresbeweidung mit großen Weidegängern stellt ein noch relativ neues Instrument der Pflege von Offenlandlebensräumen insbesondere in Auen dar. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Weidetiere ganzjährig in halbwilder Form im Herdenverband in geringen Dichten auf großen Koppeln leben, auf denen sie selbständig Nahrung suchen und dabei frei zwischen verschiedenen Habitaten wählen können. Angestrebt werden halboffene Weidelandschaften nach dem Vorbild historischer Hutelandschaften (Riecken et al. 2001, Steven 2003), die sich durch ein kleinräumig und zeitlich dynamisches Mosaik von Wald und Gehölzen, verschiedenen Walddegenerations- und -regenerationsstadien, Säumen und offenen Triften auszeichnen und dadurch eine hohe Habitat- und Artenvielfalt aufweisen. Die Weidetiere haben in diesen Landschaften eine Schlüsselstellung inne und nehmen auf vielerlei Weise Einfluss auf ihre Umwelt, etwa durch selektiven Fraß, selektive Über- und Unterbeweidung von Flächen, Tritt, Komfortverhalten oder Nährstofftransport durch Fraß und Ausscheidungen. In den letzten Jahren verbreitete sich die Überzeugung, dass Großherbivoren ursprünglich fester Bestandteil vieler natürlicher Ökosysteme Europas waren und ähnlich wie in den historischen Hutelandschaften als Schlüsselarten einen großen Einfluss auf die Vegetationsentwicklung ausübten (z. B. Bunzel-Drüke et al. 1999, Vera 1999). Wahrscheinlich bestehen zumindest in einigen Bereichen, wie etwa Flussauen, hinsichtlich Vegetationsstruktur und Landschaftsbild Parallelen zwischen historischen Hutelandschaften und der mitteleuropäischen Naturlandschaft, wie sie sich ohne Einflussnahme des Menschen heute zeigen würde (vgl. Bunzel-Drüke et al. 1999, Riecken et al. 2004). Natürliche Dynamik – hervorgerufen durch Megaherbivoren, die Kraft des Wassers entlang unverbauter Flüsse, katastrophenartige Ereignisse wie Brände etc. – ist ein wichtiges Merkmal der Naturlandschaft (ebd.). Dabei vergehen Biotope und entstehen an anderer Stelle neu (vgl. Remmert 1991, Pickett & White 1985). Im Rahmen extensiver Ganzjahresbeweidungsprojekte in renaturierten Flussauen werden für die Naturlandschaft typische, natürliche Prozesse – hervorgerufen durch Megaherbivoren oder Ufer- und Auendynamik – in gewissem Umfang wieder zugelassen. Allerdings wird man aufgrund der Kleinflächigkeit der Gebiete, der dichten Besiedlung der Landschaft, der Unvollständigkeit der Großherbivorenfauna und Unklarheiten über deren potentielle, natürliche Zusammensetzung nach der letzten Eiszeit (z. B. Bunzel-Drüke et al. 1999, Riecken et al. 1997) sowie der mittlerweile hohen Gefährdung einiger naturnaher Biotoptypen und Zielarten des Naturschutzes zumeist einen Kompromiss zwischen reinem Prozessnaturschutz und der klassischen Biotoppflege suchen (Riecken et al. 1998). Extensive Ganzjahresweideprojekte haben derzeit noch Experimentcharakter (vgl. Bunzel-Drüke et al. 1999, Riecken et al. 2004). Die Erfahrung erstreckt sich oft erst über wenige Jahre und die einzelnen Gebiete unterscheiden sich stark in ihrer naturräumlichen Ausstattung, was die Übertragbarkeit von Ergebnissen erschwert.
In extensiven Ganzjahresbeweidungssystemen mit Rindern und Pferden bestehen saisonale Unterschiede im Raumnutzungsverhalten der Weidetiere, die v. a. auf saisonalen Änderungen des Futterangebotes beruhen. So ist der Winter eine Zeit relativer Nahrungsknappheit (Oheimb et al. 2006), in der die Weidetiere gezwungen sind, auf minderwertigeres Futter auszuweichen, das sie zu anderen Jahreszeiten bei Futterüberangebot verschmähen (z. B. Cornelissen & Vulink 1991). Auch die Verbissintensität an Gehölzen zeigt saisonale Unterschiede (z. B. Oheimb et al. 2006). Es existieren wenige Studien, die diese saisonalen Aspekte der Habitatwahl systematisch behandeln (z. B. Cornelissen & Vulink 1991, Oheimb et al. 2006, Kolter et al. 1999, Scheibe et al. 1999 (bedingt), Vulink & Drost 1991a, 1991b, Wallis de Vries & Daleboudt 1994, Wallis de Vries & Schippers 1994). Gegenstand dieser Studien sind häufig spezielle Teilaspekte der Nahrungswahl oder es handelt sich um Untersuchungsgebiete, die in der Biotoptypenkomposition stark vom hier vorgestellten Untersuchungsgebiet abweichen. Auch die Auswirkungen von Viehtritt und dessen ökologische Wirkungen (Etablierung von Arten, Schädigung trittempfindlicher Arten etc.) zeigen in Abhängigkeit von der feuchtebedingten Tragfähigkeit der Böden saisonale Unterschiede (z. B. Briemle et al. 2002).
Folgende Fragestellung wird verfolgt: Gibt es saisonale Unterschiede in der Fraßnutzung der Biotoptypen durch Heckrinder und Koniks im extensiven Ganzjahresbeweidungssystem des Untersuchungsgebiets in der Emsaue bei Telgte? Welche Auswirkungen hat dieses Weideverhalten auf die Vegetation? Zeigen sich insbesondere Unterschiede zwischen Ganzjahres- und Saisonbeweidung? Wie sind diese aus naturschutzfachlicher Sicht zu bewerten?
Das Untersuchungsgebiet, die Weidefläche „Lauheide“, hat eine Größe von gut 22 ha und liegt in der im Rahmen des Emsauenschutzkonzeptes renaturierten, rezenten Emsaue östlich von Münster-Handorf und südwestlich Telgte-Westbevern auf Telgter Stadtgebiet (NSG und FFH-Gebiet). Nach dem Erwerb durch das Land NRW im Jahre 1999 fielen die Flächen zunächst brach und begannen zu verbuschen (Steven 2007, mdl.). Der Auftrieb der Heckrinder erfolgte im April 2004, der der Koniks im August 2005 (Mantel 2007, schrl.) als Projekt im Rahmen der „Regionale 2004“.
Die Weidefläche grenzt unmittelbar an den Flusslauf und ist flussseitig nicht eingezäunt. Durch die Entfernung der Steinschüttung haben sich am Emsufer Steilabbrüche, Rutschungen, Sandbänke und Schlammflächen gebildet. Stellenweise sind an den Gewässerufern Erlen- und Weidenufergebüsche aufgewachsen. An einigen Stellen haben die Tiere Zugang zur hochwassersicheren Niederterrasse der Ems, die von Buchen-Eichenwald bestanden ist. Zur Terrassenkante hin liegt das Gelände meist etwas tiefer als die Uferbereiche unmittelbar am Fluss, sodass sich hier durch Hangwasser vernässte Bereiche befinden. Die Weidefläche ist von mehreren tiefgelegenen ehemaligen Emsrinnen durchzogen in denen flache Kleingewässer angelegt wurden, die vielfältige Ufer- bzw. Röhrichtvegetation aufweisen. Im zentralen Bereich befinden sich im Bereich einer ehemaligen Emsschleife ausgedehnte Feuchtgrünland- und Flutrasenflächen. Die Offenländer außerhalb der ehemaligen Emsrinnen sind zum überwiegenden Teil ehemalige Ackerflächen. Hier haben sich mesophile Grünländer mit hohem Anteil an Ruderal- und Saumarten etabliert. Im Gebiet befinden sich zahlreiche linienhafte und flächige Gehölzstrukturen.
Ziel des Naturschutzes ist die Schaffung einer reich strukturierten, halboffenen Weidelandschaft, Erhalt und Entwicklung naturnaher Biotope wie Feucht- und Magergrünländern, Auenwaldresten, Röhrichten, naturnahe Kleingewässern, Fließgewässer- und Auenstrukturen sowie die Förderungen einiger Arten halboffener Landschaften, etwa dem Laubfrosch (
Während der Untersuchungsphase von Februar bis August 2006 bestand eine Tierdichte von ca. 0,5 Großvieheinheiten pro Hektar (Mantel 2007, schrl.). Sie ist so bemessen, dass eine Zufütterung nur in Ausnahmefällen bei winterlichem Nahrungsmangel oder zur Gewöhnung an Menschen im Vorfeld von Fangaktionen stattfindet (Mantel 2006, mdl.). Im Untersuchungszeitraum erfolgte im Februar und März 2006 eine Zufütterung von sechs Rundballen Heu einer extensiven Feuchtwiese (Mantel 2006, mdl.), da die Vegetation in großen Bereichen der westlichen Flächen infolge von Baumfällarbeiten und Bauarbeiten an einer Flutrinne oberirdisch entfernt oder nicht mehr für die Tiere nutzbar war. Der ganz überwiegende Teil der adulten Weidetiere lebte seit Projektbeginn im Gebiet. Zwischen dem 13.07.2006 und dem 23.08.2006 waren keine Pferde im Gebiet vorhanden. Die Konikgruppe wurde in dieser Zeit vollständig ausgetauscht.
Im Untersuchungsjahr waren die saisonalen Unterschiede der Witterung vergleichsweise extrem ausgeprägt. Verglichen mit den langjährigen Mittelwerten der Temperatur (DWD 2007) war der Winter 2005/2006 vor Untersuchungsbeginn außergewöhnlich kalt und bereits im November mit starkem Schneefall verbunden, der auch große Teile der langgrasigen Vegetation an den Boden drückte. Bis in den März fiel wiederholt Schnee, der in Schattenbereichen lange die Vegetation bedeckte. Ein größeres Winterhochwasser blieb aus. Lediglich die unteren Bereiche der Emsböschung und die zentralen, tiefstgelegenen Feuchtgrünlandbereiche und Kleingewässerufer waren längere Zeit überflutet. Auf ein relativ warmes und niederschlagsreiches Frühjahr folgte ein überdurchschnittlich warmer und trockener, im Juli für Münsteraner Verhältnisse sogar sehr heißer Sommer. In August fiel überdurchschnittlich viel Niederschlag.
Da saisonale Nutzungsunterschiede im Zentrum des Interesses stehen, erfolgten im Jahre 2006 zu drei Jahreszeiten – Winter: Februar/März, Frühjahr: Mai/Juni, Sommer: August – Erhebungen zum Fraß an der Feldschichtvegetation, Schädigungen von Gehölzen sowie des Trittsiegelanteils außerhalb der Weidepfade.
Die Flächenpolygone einer Biotopkartierung bildeten die räumliche Bezugsbasis. Zu den Flächenpolygonen wurden im Juni und Juli floristische Artenlisten erstellt und die Artmächtigkeiten nach einer Schätzskala in enger Anlehnung an Barkmann (1964) in Frey & Lösch (1998) geschätzt.
Auf Grundlage dieser Artenlisten erfolgte eine Zusammenfassung ähnlicher Biotope zu Biotoptypen, die teils auf der pflanzensoziologischen Gliederung der Vegetation, teils auf Dominanzen von Arten oder Artengruppen basiert. Dabei wurden Arbeiten bzw. Kartieranleitungen von Neitzke et al. (2004), Foerster (1983), Ellenberg (2001), Oberdorfer (2006), König (2002), Rennwald (2000), Runge (1961), Schubert et al. (2001) und Verbücheln (1987) zu Rate gezogen. Die Biotoptypen sollten intern einen relativ einheitlichen Futterwert aufweisen (vgl. Briemle et al. 2002). Zwischen Biotoptypen, die fließende Übergänge aufweisen oder sich gegenseitig kleinflächig durchdringen, wurde teilweise keine einfache Trennung vorgenommen, sondern zwischen Rein- und Mischbeständen unterschieden, um bei den Auswertungen Unterschiede zwischen Biotoptypen nicht zu verwischen. Aufkommende Jungpflanzen von Gehölzen wurden bei der Erstellung der Artenlisten miterfasst.
Die Fraßerhebungen an der Feldschichtvegetation erfolgten nach einem Boniturschlüssel, modifiziert nach Benn (2002) in Holsten (2003), und wurden in Anlehnung an Bontjer und Plachter (2004) durch Angaben zur Fraßstruktur ergänzt (Tab. 1). Zusätzlich zu diesen systematischen Fraßerhebungen wurden Beobachtungen zum Verbiss einzelner, relevant erscheinender Pflanzenarten notiert, z. B. dominanzbildender Arten, Neophyten oder vom Vieh verschmähter Arten.
Tab. 1: Boniturschlüssel zur Beschreibung der Fraßintensität an der Feldschichtvegetation der Biotope. Vegetation gilt bei Abfraß auf etwa 10 cm als kurzgefressen. Oberflächlicher Fraß beihaltet z. B. Spitzenfraß oder Herausfressen einzelner Pflanzenindividuen aus einem Bestand, wobei der Großteil der Vegetation noch vorhanden ist. In Einzelfällen, in denen die Zuordnung zu einer Klasse nicht exakt möglich ist, erfolgt die Einstufung durch Schätzung des Anteils abgefressener Biomasse.
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Zu den drei Aufnahmezeitpunkten wurde der Einfluss der Tiere auf Gehölze durch Fraß an Zweig- und Triebspitzen, Fraßkanten, Um- und Abbrechen kleinerer Sträucher und Junggehölze, Rindenschälung und -schädigung sowie Scheuerstellen untersucht. Pro Biotop und Gehölzart wurde der Anteil durch die Schädigungsformen betroffener Individuen, die Intensität des Spitzenverbisses und weitere Auffälligkeiten notiert.
Für die einzelnen Biotopflächen wurde eine Bestandeswertzahl ermittelt, die den Futterwert der Vegetation der Flächen für die Tiere wiedergibt. Die Beurteilung basiert auf den Futterwertzahlen nach Briemle et al. (2002), einer Modifizierung der ursprünglich durch Klapp et al. (1953) für landwirtschaftliche Nutztiere, insbesondere Rinder, entwickelten Wertzahlen (Tab. 2). Eine Bestandeswertzahl lässt sich nach Briemle et al. (2002) bzw. Klapp et al. (1953) unter Berücksichtigung der Massenprozente aus den Futterwertzahlen der in einem Bestand vorkommenden Arten berechnen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde statt mit Massenprozenten mit den Klassenmittelwerten der Deckungsklassen gewichtet. Bei diesem Vorgehen erzielte Holsten (2003) im Rahmen von Begleituntersuchungen zu einem extensiven Beweidungsprojekt im Eidertal zufriedenstellende Ergebnisse. Um eine Überbewertung der relativ hochwertigen Gräser zu vermeiden, wurden zunächst für Poaceen und sonstige Arten getrennt gewichtete Mittelwerte berechnet und dann gemäß der Deckungsanteile beider Gruppen zu einem Gesamtwert verrechnet, denn es stellt sich auch das Problem, dass zu einigen der eher geringwertigen krautigen Arten in Briemle et al. (2002) keine Einschätzung des Futterwertes vorliegt, während die Gräser fast vollständig berücksichtigt sind. Der Bestandeswert von Biotoptypen wurde durch flächengewichtete Mittelbildung aus den Bestandeswerten der zugeordneten Einzelbiotopflächen errechnet. Die arithmetische Mittelbildung auf ordinal skalierten Variablen verbietet sich streng genommen, gehört jedoch bei den Futterwertzahlen wie auch den Ellenbergzeigerwerten zur gängigen Praxis (z. B. Briemle et al. 2002). Die Futterwertzahlen wurden der Online-Datenbank des Umweltforschungzentrums Leipzig-Halle GmbH (UFZ 2006) entnommen.
Tab. 2: Futterwertskala nach Briemle et al. (2002).
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Zur Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Bestandeswert und Fraßintensität wurden die Biotoptypen in Gruppen ähnlichen Bestandeswertes eingeteilt und untersucht, ob bei den Biotoptypen innerhalb dieser Gruppen Parallelen bzgl. der saisonalen Fraßintensität erkennbar sind. Zusätzlich wurde der statistische Zusammenhang zwischen Bestandeswert und Fraßintensität der Biotope mittels des Spearman-Rang-Korrelationskoeffizienten getrennt für die drei Aufnahmephasen untersucht. Dabei wurden nur Daten von Biotopen einbezogen, bei denen bei der Bestandeswertermittlung flächenmäßig mindestens 70 % der Vegetation berücksichtigt werden konnten und die nicht gestört oder überflutet waren.
Tab. 3 gibt den mittleren Bestandeswert ausgewählter Biotoptypen im Untersuchungsgebiet wieder. Es wurde eine grobe Klassifizierung in Biotoptypen nahezu ohne Bestandeswert, solche mit geringem, mittlerem, hohem und sehr hohem Bestandeswert durchgeführt.
Tab. 3: Bestandeswerte ausgewählter Biotoptypen. In der letzten Spalte ist zunächst der mittlere Bestandeswert der Biotoptypen angegeben, in Klammern dahinter findet sich der jeweils kleinste und größte Einzelwert der dem Biotoptyp zugeordneten Einzelflächen. In Prozent angegeben ist der Flächenanteil der Biotoptypen an der Gesamtfläche des Weidegebietes.
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In allen drei Untersuchungsphasen besteht ein mittelstarker, positiver, auf dem Niveau von 0,01 signifikanter Zusammenhang zwischen der Bestandeswertzahl der Einzelbiotope und der Fraßintensität an ihrer Feldschichtvegetation. Die Unterschiede zwischen den drei Untersuchungsphasen sind relativ gering. Im Frühjahr ist die Korrelation am stärksten (rhoS: 0,648, N: 218), im Sommer am schwächsten (rhoS: 0,588, N: 222). Im Winter nimmt der Spearman-Rangkorrelationskoeffizient (rhoS) den Wert 0,598 an (N: 179). Der wechselnde Stichprobenumfang (N) geht auf Nichtberücksichtigung gestörter und überfluteter Flächen zurück.
Biotoptypen ähnlichen Bestandeswertes wurden saisonal oft in ähnlicher Intensität zur Nahrungsaufnahme genutzt. Die Fraßintensität stieg in der Regel mit zunehmendem Bestandeswert. Außerdem konzentrierte sie sich während der Vegetationsperiode stärker auf hochwertige Flächen, während außerhalb der Vegetationsperiode geringerwertige Flächen verstärkt mitgenutzt wurden. Der Fraß in einzelnen Biotoptypen mit Bezugnahme auf deren Bestandeswert wird im folgenden Abschnitt ausführlich beschrieben.
Abb. 1 zeigt für ausgewählte Biotoptypen die Flächenanteile der sechs Klassen der Fraßintensität zu den drei Jahreszeiten. Aus Platzgründen werden in der Grafik Biotoptypencodes verwendet, die im folgenden Abschnitt jeweils in Klammern genannt sind und außerdem in Tab. 3 nachgelesen werden können.
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Abb. 1: Fraß an der Feldschichtvegetation nach Biotoptypen. Die Bedeutung der Biotoptypenkürzel kann Tab. 3 entnommen werden..
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Die Feldschichtvegetation des Buchen-Eichenwaldes an der Terrassenkante der Emsaue (WV) als Biotoptyp nahezu ohne Bestandeswert wurde während der gesamten Zeit fast nicht befressen (Abb. 1).
Auch die Feldschicht eines dauernassen, im Winter überstauten Erlenauenwäldchens, die einen geringen Bestandeswert aufweist, war zu allen Untersuchungszeitpunkten ungenutzt.
Biotoptypen mit geringem Bestandeswert – dazu gehören Nitrophytenfluren und Säume (NN, NNg, NU, NI),
Biotoptypen mit mittlerem Bestandeswert – hierzu gehören Ruderalvegetation (RR),
Biotoptypen von hohem Bestandeswert – hierzu gehören
Im Winter waren deutlich mehr Trittsiegel erkennbar, als zu andere Jahreszeiten. Höhere Trittsiegelanteile fanden sich an Gehölzrändern, Kleingewässerufern, in Böschungsbereichen wie der Emsuferböschung und im Feuchtgrünland.
Unter den aufkommenden Gehölzen dominieren in den Offenlandbereichen Schwarzerlen (
Die wichtigsten beobachteten Formen der Schädigung von Gehölzen im Untersuchungsgebiet sind der Fraß an Zweigspitzen und Blättern, das Um- und Abbrechen von kleineren Sträuchern und Gehölzjungpflanzen sowie Rindenschälung und -schädigung durch Fraß.
Mengenmäßig und vor dem Hintergrund der Offenhaltung wertvoller Offenlandbiotope im Weidegebiet war zum Untersuchungszeitraum vor allem der Einfluss der Weidetiere auf den Jungwuchs von Schwarzerle (
Abgesehen von einigen Dornsträuchern, insbesondere Schlehe (
Die Rinder konnten im Rahmen von Einzelbeobachtungen während der Geländearbeiten häufiger fressend an verschiedenen Gehölzen beobachtet werden, darunter auch Jungwuchs von Schwarzerle (
Jungwuchs der Schwarzerle (Alnus glutinosa)
Jungwuchs von Schwarzerle, der noch nicht dem Einflussbereich der Tiere entwachsen war, zeigte zum ganz überwiegenden Teil (ca. 90 % der Jungbäume) sehr starke bis mäßige Fraßschäden an Zweigspitzen. Fraß fand nahezu ausschließlich während des Winters an den unbelaubten Zweigspitzen statt. Das wurde weitgehend verschmäht. Trotz des Spitzenfraßes wuchsen viele der Schwarzerlen im Offenland während der Vegetationsperiode weiter auf und erreichten regelmäßig auch Höhen, die außerhalb des Fraßeinflussbereichs der Weidetiere liegen. Umbrechen von mehrere Meter hohem Jungwuchs und Abbrechen, z. B. in Zusammenhang mit Drohgebärden von Stieren, fand vereinzelt statt, war aber mengenmäßig nicht von großer Bedeutung.
Jungwuchs der Weichhölzer (Salix spp., Populus spp.) und Strauchweidengebüsche
Jungwuchs von Weiden (
Zwischen Fraßintensität und Bestandeswert von Biotopen besteht im Untersuchungsgebiet zu allen Jahreszeiten ein statistisch signifikanter, mittelstarker, positiver Zusammenhang. Zudem lassen sich Gruppen von Biotoptypen ähnlichen Bestandeswertes bilden, die intern starke Ähnlichkeiten der saisonalen Fraßintensität aufweisen. Der Bestandeswert von Biotopen hat damit einen hohen Einfluss auf das Weideverhalten, was auch aus anderen Beweidungsprojekten mit Pferden und Rindern berichtet wird (z. B. Buttenschøn und Buttenschøn 1982, Holsten 2003, Oheimb et al. 2006).
Die Beobachtung, dass die Weidetiere im Untersuchungsgebiet Biotoptypen mit hohem Bestandeswert ganzjährig stark, solche mittleren Wertes verstärkt außerhalb der Vegetationsperiode und geringwertige nahezu ausschließlich im Winter nutzen, ist auf eine saisonale Bedeutungsverschiebung der Faktoren „Futtermenge“ und „Futterqualität“ zurückzuführen. Der Biomasseaufwuchs von Grünlandvegetation und damit die verfügbare Futtermenge ist im Frühjahr am höchsten, sodass die Tiere dann in den von ihnen bevorzugten Beständen mit hohem Futterwert ihren Nahrungsbedarf decken können und entsprechend seltener geringerwertige Bestände aufsuchen. Der Biomasseaufwuchs nimmt im Laufe der Vegetationsperiode bis zum Winter ab, wodurch die Tiere nach dem Abweiden der hochwertigen Flächen zunehmend gezwungen sind, ihren Nahrungsbedarf in geringerwertigen Biotopen zu decken. Cornelissen & Vulink (1991) beschreiben diesen Zusammenhang nach Untersuchungen in den Niederlanden. Ähnliche Beobachtungen liegen auch z. B. aus dem Weidegebiet Höltigbaum in Schleswig-Holstein vor (Oheimb et al. 2006).
Die Fraßerhebungen an der Feldschichtvegetation lassen keine Unterscheidung des Einflusses der beiden Weidetierarten zu. Lediglich beim Fraß an der Rinde von Gehölzen ist dies oft möglich. Die Ergebnisse spiegeln also den Fraß unter gemischter Beweidung wieder, wobei der Einfluss der Rinder aber stark überwiegt, da das Zahlenverhältnis von Rindern zu Pferden, gemessen in Großvieheinheiten, im Untersuchungszeitraum ca. 8 : 3 betrug. Pferd und Rind sind Grasfresser (Cornelissen und Vulink 2001) und bevorzugen, falls verfügbar, nährstoffreiche, junge Futterpflanzen (Seifert et al. 2005). Dennoch bestehen gewisse Unterschiede in Verdauung und Nahrungswahl zwischen Rind und Pferd. So trennt der Verdauungstrakt von Pferden Rohfasermaterial relativ schnell von der Nahrung und scheidet es aus (Vulink et al. 2001). Bei Rindern ist der Verdauungsprozess langwieriger (ebd.) und die Nahrung wird intensiv durch Mikroben aufgeschlossen. Rinder sind daher stärker auf hochwertige Gräser angewiesen, während Pferde im Durchschnitt rohfaserreichere, eiweißärmere Nahrung selektieren (Krüger 1999, Seifert et al. 2005). Da Rindern im Gegensatz zu Pferden die vorderen Zähne des Oberkiefers fehlen, können Pferde sehr viel selektiver grasen (König 1994) und faserreiche Nahrung besser zerkleinern (Seifert et al. 2005). Rinder bevorzugen daher eher kurzgrasige Grasbestände mit homogener Struktur (Wallis de Vries & Daleboudt 1994). Des Weiteren können Pferde die Vegetation kürzer abfressen und tun dies auch gern (Seifert et al. 2005). Pferde verbringen einen größeren Anteil des Tages mit Fressen und sind mobiler, während Rinder täglich einige Stunden wiederkäuen und sich weniger fortbewegen (z. B. Fraser 1978, Sambraus 1978, Hart et al. 1993). Von Pferden ist bekannt, dass sie zumindest auf Intensivweiden Latrinenbereiche haben, in denen sie nicht fressen (z. B. Fraser 1978, Kolter et al. 1999, Schäfer 1978, Seifert et al. 2005). Diese treten bei vielen wildlebenden Populationen jedoch nicht auf (Kolter et al. 1999). Im Untersuchungsgebiet gab es nur während der Vegetationsperiode und im Umfeld weniger stark frequentierter Flächen Anzeichen für solche Latrinenbereiche.
Auch bezüglich des Gehölzfraßes gibt es Unterschiede zwischen den Tierarten. So können Rinder im Gegensatz zu Pferden Gehölze vermutlich besser verdauen und darin enthaltene sekundären Pflanzenstoffe detoxifizieren, z. B. Tannine und Phenole in Weiden (
Bei vielen Flächen mit mittleren Bestandeswerten und horstiger oder fleckenhafter Bestandesstruktur nimmt die Fraßnutzung im Laufe der Vegetationsperiode zwischen Frühjahr und Sommer ab, was wohl in einer Abnahme der Futterqualität und Veränderungen der Bestandesstruktur begründet liegt. Dies gilt für Saum- und Ruderalvegetation,
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Der Fraß von Weidetieren kann sich wiederum auf den Futterwert und die Struktur der Vegetation auswirken und sich damit über Rückkopplungseffekte selbst beeinflussen. So bleiben kurzgefressene Weiderasen durch ständigen Neuaustrieb und Verhinderung des Aufwachsens hochwüchsiger Kräuter dauerhaft attraktiv (vgl. z. B. Adler et al. 2001, Wallis de Vries & Daleboudt 1994), während weniger befressene Bereiche hoch aufwachsen und dadurch zusätzlich an Attraktivität verlieren. Diese Rückkopplungseffekte können dazu führen, dass sich Beweidungsmuster über viele Jahre festigen (z. B. Bunzel-Drüke et al. 2003, Zahn et al. 2001) oder auch die Vornutzung vor dem Beginn der Beweidung das Beweidungsmuster beeinflusst (Bunzel-Drüke et al. 2003). Im Untersuchungsgebiet waren z. B. Weideflächen, die bereits vor Projektbeginn kurzrasige Vegetation aufwiesen, und ehemals gemähte Bereiche an den alten Fahrwegen entlang des Flusses weiterhin sehr intensiv genutzt. Letzteres beobachteten auch Bunzel-Drüke et al. ( 2003) in einem Beweidungprojekt in der Lippeaue. Im Untersuchungsgebiet ist die Ausprägung und Festigung eines im Vergleich zu den ehemaligen landwirtschaftlichen Parzellen recht kleinteiligen Mosaiks stark befressener Weiderasen und bracheähnlicher Grünlandbereiche zu erwarten, wobei erstere eher emsnah und im Bereich der ehemaligen Fahrwege liegen werden und zur feuchten Auenrandsenke hin mit einer stärkeren Verbrachung zu rechnen ist. Möglicherweise kann man sich die Rückkopplungseffekte zwischen Futterwert und Fraßintensität auch im Rahmen von naturschutzfachlichen Managementmaßnahmen zunutze machen, indem man z. B. die Weidetiere durch wiederholte Mahd gezielt auf bestimmte Flächen lenkt.
Abschließend sollen nun die Beobachtungen zur Fraßnutzung des Weidegebietes durch die Weidetiere aufgegriffen und in Zusammenschau mit Erfahrungen aus anderen Projekten erste Einschätzungen aus naturschutzfachlicher Sicht getroffen werden, auch wenn die Beobachtungen im Rahmen dieser Arbeit nur eine Momentaufnahme darstellen.
Gehölze
Vor dem Hintergrund des Leitbildes einer halboffenen Weidelandschaft ist die Gehölzentwicklung, insbesondere mögliche Veränderungen der Gehölz-Offenland-Verteilung, von Bedeutung. Im Untersuchungsgebiet und -zeitraum spielte diesbezüglich vor allem das Aufwachsen von Schwarzerlen- (
Die Schädigung von Schwarzerlenjungwuchs (
Weidenjungwuchs (
Neben einem schädigenden können große Weidetiere auch einen fördernden Einfluss auf die Etablierung von Gehölzjungwuchs haben (Crawley 1983). Hindernisse bei der generativen Verbreitung von Gehölzen im Grünland sind Streuschichten (Pott & Hüppe 1994, Wolf 1980) und krautige Konkurrenz (Berger 1996, Buttenschøn & Buttenschøn 2001, Wolf 1980). Gehölze keimen daher in Offenlandbiotopen vor allem an Stellen, an denen die krautige Konkurrenz gering ist (Berger 1996). In Trittsiegeln entstehen kleine Offenbodenstellen, – im Untersuchungsgebiet vor allem in feuchten Grünlandbereichen, an steileren Kleingewässerufern und der Emsböschung. In diesen Bereichen konnte auch vermehrt Erlenjungwuchs (
Krautige und Grasvegetation
Dominanzbestände von Brennessel (
Auch Indisches Springkraut (
Viele krautige Arten der Ruderalvegetation sind, wie auch die Arten der Nitrophytenfluren und Säume, als Futterpflanzen bei den Tieren unbeliebt und werden nicht oder kaum befressen. Vor allem in mäßig genutzten Offenlandbereichen von mäßigem Bestandeswert, ist mit deren Ausbreitung zu rechnen. So entstehen krautreiche, ruderalisierte, mesophile Grünländer. Bunzel-Drüke et al. (2003) berichten aus langjährigen Erfahrungen mit extensiver Heckrinder-Beweidung in der Lippeaue ebenso von einer Zunahme des Anteils hoher Kräuter in Grünlandbereichen. In vielen Offenlandbereichen des Untersuchungsgebietes, auch Grünlandbeständen, treten einjährige Pionierarten, weitere kleinwüchsige Ruderalarten, Trittrasenarten, Segetalarten sowie Arten der Zwergbinsengesellschaften und Uferschlammfluren häufig auf. Ähnliches berichten Gerken & Martensen (2003) aus einem Weideprojekt im Solling. Die Arten werden wahrscheinlich durch viehtrittbedingte Narbenverletzung, Streuentfernung durch Fraß und Schaffung
konkurrenzarmer, kurzrasiger Bereiche bei fleckenhaften Fraßmustern gefördert. Gerade
Einige kurzrasige Weiderasen v. a. im Bereich oder nahe der ehem. Fahrwege entlang der Ems waren ganzjährig stark befressen. Durch die hohe Fraßintensität und die Schaffung von Offenboden durch Tritt, Wälzen der Pferde im Sand (eigene Beobachtungen, vgl. auch Stroh et al. 2004, Schäfer 1978) und die Flussdynamik (Übersandung, Uferrutschungen und -abbrüche) ist in den genannten Bereichen und an der Emsböschung eine Förderung konkurrenzschwacher Arten des Magergrünlandes und der Sandmagerrasen zu erwarten, von denen bereits heute
Die unverbrachten, von Glatthafer (
Wie im Falle versaumender, mesophiler Grünländer werden auch in Feuchtgrünländern und Flutrasen viele krautige Pflanzen von den Weidetieren verschmäht oder sind sehr unbeliebt. So ist mit einer zunehmenden Verkrautung und einem zukünftig bracheähnlichen Charakter der Feuchtgrünländer im Weidegebiet zu rechnen. Möglicherweise geht dies zum Nachteil kleinwüchsiger, typischer Feuchtwiesenarten. Seifert et al. (2005) merken an, dass es sich bei Feuchtwiesen meist um traditionelle Mähwiesen handelt, deren charakteristische Arten an das Mahdregime angepasst sind und die durch Beweidung nur dann erhalten werden können, wenn der Beweidungsrhythmus dem traditionellen Mahdregime entspricht. Viele Arten kommen erst im Hochsommer zur Samenreife (ebd.). Diesen Arten kommt vermutlich entgegen, dass in den Feuchtgrünländern des Untersuchungsgebietes aufgrund des geringen Futterwertes Fraßnutzung überwiegend außerhalb der Vegetationsperiode stattfand, was möglicherweise noch durch die Abgelegenheit, Kleinflächigkeit sowie die inhomogene Struktur der Bestände verstärkt wird. Die Feuchtgrünländer weisen vor allem im Winter in größerem Umfang Narbenschäden durch Viehtritt auf, was in der Literatur meist negativ bewertet wird. So kann Viehtritt im Feuchtgrünland das Aufkommen von
Die Ufervegetation der Kleingewässer setzt sich im Gebiet aus Röhricht- und Großseggenvegetation, krautigen Vertretern der Grünlandvegetation feuchter Standorte, Flutrasenarten, Binsen und Schlammflurvegetation zusammen, - darunter auch mehrere in ihrem Bestand gefährdete Arten. Der Großteil der an den Kleingewässerufern verbreiteten Arten ist bei den Weidetieren unbeliebt und wird während der Vegetationsperiode nicht oder kaum befressen. Bei Nahrungsknappheit im Winter werden Kleingewässer etwas häufiger zum Fressen aufgesucht (vgl. auch Oheimb 2006). Vegetationsveränderungen durch Fraß sind kaum zu erwarten. Selbst die hochwüchsigen Binsenarten (
Die Untersuchung zeigt deutliche saisonale Unterschiede in der Fraßnutzung der Biotoptypen durch Heckrinder und Koniks. Der Futterwert der Bestände ist dabei wichtigste Einflussfaktor auf das Weideverhalten. Hochwertige Bestände werden ganzjährig stark befressen, solche von mittlerem Futterwert verstärkt bei winterlicher Nahrungsknappheit und geringwertige fast ausschließlich im Winter.
Positive Effekte dieses wohl für extensive Ganzjahresbeweidung typischen Nutzungsmusters sind im Untersuchungsgebiet vor allem im mesophilen, ruderalisierten Grünland, auf trockenen Weiderasen und an Kleingewässerufern zu erkennen. Die wichtigsten aus naturschutzfachlicher Sicht positiven Wirkungen sind dabei:
Nutzungsruhe oder sehr extensive Nutzung in Biotoptypen geringeren Futterwertes bei Nahrungsüberangebot während der Vegetationsperiode, jedoch Aufsuchen dieser Biotoptypen in den Wintermonaten
Entfernung von Streuschichten durch Fraß in den Wintermonaten
Betreten von Dominanzbeständen von
fleckenhafte oder horstige Fraßstruktur in vielen ruderalisierten, mesophilen Grünländern in den Sommermonaten und damit verbundene Struktur- und Artenvielfalt
Schaffung von Offenboden durch Tritt vor allem in den Wintermonaten und Förderung der Etablierung konkurrenzschwacher Pflanzenarten v. a. auf trockenen oder mesophilen Standorten und an Kleingewässerufern
ständiges Kurzhalten einiger Weiderasen verbunden mit der Förderung kleinwüchsiger Pflanzenarten, z. B. Arten des Magergrünlandes
Schädigung von Erlenjungwuchs (
Kritisch zu sehen ist die Wirkung extensiver Ganzjahresbeweidung im Feuchtgrünland, da sie eher zu bracheähnlichen Beständen führt. Sie ist aber einem vollständigen Brachfallen der Bestände sicher vorzuziehen. Auch kann Ganzjahresbeweidung vermutlich ein Zuwachsen feuchter Offenlandbereiche (feuchtes Grünland, Kleingewässer) mit Schwarzerlen vielerorts nur verlangsamen, nicht aber verhindern. Sind wertvolle Offenlebensräume betroffen muss wohl im Abstand einiger Jahre mit der Motorsäge eingegriffen werden. Andernorts kann Jungwuchs der Schwarzerle als Bestandteil der potentiellen natürlichen Vegetation und vor dem Hintergrund des Leitbildes einer halboffenen Weidelandschaft dagegen auch einfach zugelassen werden. Aufgrund des Nutzungsmusters eignet sich extensive Ganzjahresbeweidung auch nicht zum Erhalt typischer Pflanzengesellschaften der Mähwiesen, z. B. Glatthaferwiesen, die sich unter Mahd zu festgelegten Zeitpunkten entwickelten, da sie entweder ganzjährig stark befressen werden oder verbrachen.
Insgesamt überwiegen im Untersuchungsgebiet die positiven Effekte auf die Arten- und Strukturvielfalt der Vegetation deutlich. Hinzu kommt, dass im Laufe der Jahre die Entwicklung einer halboffenen Weidelandschaft mit einem vielfältigen Mosaik mehr oder weniger intensiv genutzter Vegetationsbereiche und einem kleinräumigen Mosaik aus Gehölzen und Offenland zu erwarten ist, die zum frühen Zeitpunkt des Projektes erst in Ansätzen erfolgen konnte.
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